Lebendige Traditionen aus Senegal und Gambia und die Essenz des Fado, präsentiert von der portugiesischen Sängerin Carminho.
Das Album „Ears of the People – Ekonting Songs From Senegal And The Gambia“ ist eine Sammlung zeitgenössischer Aufnahmen der Ekonting, einer dreisaitigen Kürbislaute, die vom Volk der Diola in Gambia und in der Casamance-Region in Senegal gespielt wird.
Dieses Instrument ist alles andere als antiquiert und als Vorläufer des Banjo anerkannt. Es wird hier in einem Stil gespielt, bei dem die langen Saiten mit dem Zeige- oder Mittelfinger und die kürzeren Saiten mit dem Daumen angeschlagen werden. Dabei entsteht ein rhythmischer und perkussiver Klang, der sich gut zum Tanzen eignet. Dem Album beigelegt ist ein umfangreiches Booklet mit ausführlichen Informationen zu den verschiedenen Interpret:innen und ins Englische übersetzte Texte. Diese handeln etwa von einer Busfahrt nach Dakar oder vom Destillieren von Pflaumenwein. Aber auch ernstere Themen, wie Gewalt in der Region, kommen vor. Es ist nicht notwendig, musikethnologisch bewandert zu sein, um diese einzigartigen Aufnahmen würdigen zu können.
Hohe Kreativität. Die Sängerin Carminho ist längst als eine der führenden Fado-Interpretinnen etabliert. „Portuguesa“ ist ihr sechstes Album und sie hat es selbst produziert. Es enthält 14 Tracks, darunter solche mit eigenen Texten und Kompositionen von traditionellen Fado-Stücken, sowie auch Musik und Texte von anderen Künstler:innen.
Der Fado hat die interessante Besonderheit, dass diese Elemente unabhängig voneinander bestehen und neu zusammengestellt werden können: Carminho begab sich auf die Suche nach portugiesischer Poesie und Melodien und lotete aus, wie sie zusammenpassen könnten. Sie verwendete Gedichte von Sophia de Mello Breyner Andresen, David Mourão-Ferreira oder Manuel Alegre, zudem Musik und Verse von Marcelo Camelo, Luísa Sobral, Joana Espadinha und Rita Vian, um nur einige zu nennen.
Besondere Aufnahme. Auch ging es darum, den Fado in seiner authentischsten Form zu praktizieren. Deshalb wurde alles gleichzeitig mit den Musiker:innen eingespielt, als ob es sich um ein live aufgenommenes Konzert handeln würde.
In aufregender Weise geschieht hier das Zusammenspiel von portugiesischer Gitarre, der sechseitigen Viola de Fado, der akustischen Baixo und dem gelegentlichen Einsatz der elektrischen Gitarre, der Lap-Steel-Gitarre und dem elektronischen Tasteninstrument Mellotron.
Über allem aber steht die unglaubliche Stimme Carminhos, ausdrucksstark, voller Leidenschaft und Hingabe. Wer noch keine Fado-Platte hat, sollte sich, neben einem historisch-klassischen Werk von Amália Rodrigues, zuerst einmal diese zulegen.
Werner Leiss ist Musikkritiker des Südwind-Magazins und Redakteur des Concerto, Österreichs Musikmagazin für Jazz, Blues und Worldmusic.
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